Samstag, 19. März 2011

Mohammed Nabbous. Nachruf.


Nachtrag: so wie hier, oder hier, oder auch hier. Auch euronews hat Mo endlich gewürdigt. Auch sie hatten ihn mehrmals kontaktiert, um Informationen aus erster Hand zu bekommen.

Ich bin selt-sam erschüttert durch seinen Tod. Ich kannte Mo erst seit wenigen Tagen. Ich sage kannte und schäme mich dessen nicht im Geringsten, im diesem warmen Sessel sitzend, 1800km nördlich von Benghazi. Denn in diesem Sessel habe ich viele Stunden verbracht, unwissend, harrend, wartend auf den stream, das Netz durchsiebend nach Bruchstücken von Information, sortierend, vergleichend, abwägend. Information, deren Kondensation zum Kosensationsmedium Fernsehen so quälend lange dauert, dass man sie selbst finden muss, bis man jemanden findet, durch dessen Augen man sehen kann. Dessen Mut und unbedingte Entschlossenheit uns alle verbindet. Wir sahen durch Mo´s Augen und behalten ihn in unseren Herzen. Seine Liebe war gross. Und jeder, der ihn sprechen hörte und sah, und seine Stimme immer noch hört, wird das bestätigen.

Ruhe in Frieden.

Mohammed Nabbous.


Mohammed Nabbous ist im Krankenhaus den Folgen einer Kopfschussverletzung erlegen. Er hatte bis zuletzt aus der belagerten Stadt Benghazi berichtet, der einzig sichtbare Held unter so vielen Unsichtbaren. Seine Frau Perditta bestätigt seinen Tod auf Libya Alhurra. Ihre Stimme ist herzzerreissend.

Rest in peace, brother. Your courage and determination shall be a beacon to all of us. All our prayers to your wife and your unborn child. May he live to see a better world, thanks to you.

Und ich tue mir gerade sehr schwer damit, die Waschlappen von der UN nicht dafür verantwortlich zu machen. Zwar bin ich mir der Natur von Schuldzuweisungen bewusst. Das NICHTSTUN jedoch ist und bleibt das grösste Übel unserer Gesellschaft. Solange kein Profit aus einer Unternehmung geschlagen werden kann, wird nichts geschehen.

16:00 Nachtrag: Wenn er jetzt doch nur die französischen Flugzeuge sehen könnte...

Samstag.

Meldungen zufolge ist Mohammed Nabbous von Libya Alhurra Radio/TV heute bei dem Angriff der Gaddafi-Truppen schwer verletzt worden und befindet sich im Krankenhaus. Der chat des channels ergiesst sich in Gebeten für sein Heil. Ich kenne keine Gebete, aber auch meine Gedanken sind bei Dir, Mo.

Hier ist sein bislang letzter Bericht über die Zerstörung in einem Wohngebiet in Benghazi nach Raketenangriffen heute Morgen.

Fresh Good News.

Mo war bis jetzt in den Straßen von Benghazi unterwegs und hat sich soeben gemeldet. In der Stadt sei es "cool and calm". Die bis Sultan vorgedrungenen Streitkräfte Gaddafis seien ausgepowert und daran interessiert, zu den Rebellen überzulaufen, stießen jedoch aus Vertrauensgründen auf Ablehnung. Doch auch ein Rückzug sei für sie nicht möglich, da auch "Ajdabiyas Tore geschlossen" seien. Sie steckten nun zwischen Benghazi und Ajdabiya fest. Ich traue mich beinahe nicht, es auszusprechen, aber dies könnte eine Verschnaufpause für die Menschen in Benghazi bedeuten, zumindest für heute Nacht.

Zugegeben, auf dieses Szenario zu hoffen, kam mir nicht einmal in den Sinn. Offenbar sind Gaddafis Streitkräfte doch weitaus zerrütteter als gedacht. Es wäre dennoch geradezu verblüffend, wenn die verspäteten Drohgebärden der UN jetzt solch eine Wirkung zeigten.

Freitag, 18. März 2011

Sultan Area.

Mo´s Videos von heute bei TheoCHLibyaAlhurra.

Part 1, Part 2, Comment.

Lügen.

Lächerliche Beschwichtigungsversuche seitens des Aussenministers. Man habe "nicht die Absicht, Benghazi zu betreten" (Reuters). Die Spitze ist wahrlich die höhnische Einladung an UN-Beobachter, sich vor Ort ein Bild vom "ceasefire" zu machen (CNN).

Mo bestätigt übrigens, dass die G-Truppen Ajdabyia umgangen haben, um schnell bis Benghazi vorzustossen.

Mo.

Ist zurück und wird gleich das Video seiner heutigen Fahrt und dem Bomardement auf Sultan streamen.          

22:00 Nachtrag: stream is up and running, Mo (FulanWeladFulan) kommentiert, (alberka) übersetzt.               

Mo.


Watch live streaming video from libya17feb at livestream.com

Das Video von Mo´s gestriger Fahrt. Der stream ist alles andere als stabil, hier der direkte link auf Libya Alhurra.

Im Moment soll Mo sich in Ajdabiya aufhalten, wo er nach wie vor versucht, Hilfe für das weiterhin in Flammen stehende Kraftwerk Az-Zuwaytinah (Zwetina) zu organisieren.

19:32 Nachtrag: Mo, möge Allah ihn beschützen, ist offenbar auf dem Weg zurück nach Benghazi, nach Beschuss mit BM-21 "Grad" (rus.:"Hagel") Raketen durch Gaddafis Truppen in der Gegend bei Sultan (80km südlich v. Benghazi).

20:20 Nachtrag: Gaddafis Truppen mit Panzern und schwerer Artillerie knapp 60km vor Benghazi, Rebellen bereiten sich auf den Angriff vor. Keine Telefonverbindung zur Stadt. Trotz des Eilultimatums von US/UK/FR steht Benghazi kurz vor einer Offensive, Alhurra Radio ruft junge Leute auf, sich zu bewaffnen und für die Schlacht bereit zu sein.

20:42 Nachtrag: Twitter sagt, Gaddafis Truppen 50km vor Benghazi. Wo sind die Franzosen? Das wird ein Blutbad.

21:30 Nachtrag: Entnehme dem chat von Libya Alhura, dass Mo zurück und wohlauf ist.

The Stand.

Die offensichtliche Lüge vom angeblichen "ceasefire" seitens der Gaddafi-Truppen ist, angesichts erschlagend gegenteiliger Berichte, "on ze internetz" geradezu lächerlich dreist. Schwere Kämpfe um Misurata, Nalut, Zintan, Uqayla,  Brega, Yafran und dem nun angeblich umzingelten Ajdabiya (und weiss Gott noch wo) dauern nach wie vor an. Genannte Orte werden jedoch angeblich nach wie vor von Rebellen kontrolliert.

Tweets erzählen unter anderem davon, dass in der Nähe von Tripolis Leichen zusammengetragen werden, um an stragegischen Stellen zivile Verluste durch UN-Angriffe vorzutäuschen.

Mo

...streamt nun das Ende des Videos als loop. Aus einem Tank in unmittelbarer Nähe des "Az-Zuwaytinah"-Kraftwerks nahe Benghazi, das für die Versorgung der Stadt zuständig ist und zuvor bombardiert worden war, strömt brennender Treibstoff. Die Stromversorgung der Stadt ist heute Nacht eine Glückssache. 

Nachtrag: ABC news wollen mit Mohammad reden.

Nachtrag: Mo kündigt nächsten upload an. Eigentlich wollte ich heute arbeiten gehen... Verzeihung, sagte ich wirklich: "wollte"?

Nachtrag: Video vom Kraftwerk jetzt zu YouTube gewandert.

Benghazi - بنغازي


Die UN Resolution ist durch. "All nessessary forces": no-fly-zone plus airstrikes. Sehe mir Al Jazeera an. Sehe wehende Fahnen über einer angespannten, euphorischen Menge. Auch ägyptische Fahnen sind da. Von der Ladefläche eines Lastwagens spuckt etwas, das nach einer draufgeschweißten 20mm FLAK aussieht, jubelnde Salven in den Nachthimmel. Der Reporter vor Ort drückt mit aller Kraft gegen sein Ohr; was er in sein Mikro schreit, geht in Jubel und Sturmgewehrfeuer unter.

Die Menschen in Benghazi scheinen die späte Legitimation nun geradezu körperlich zu empfinden, haben das Momentum nicht verloren, auch wenn es wohl Tage dauern wird, bis die Logistik einer so komplexen Operation einen spürbaren Schutz gewährleisten kann. Noch sind es Gadhafis Bomber, die den Luftraum beherrschen. Noch steht sein Versprechen, Benghazi heute nacht anzugreifen, "ohne Gnade" für "Terroristen", die das libysche Volk in den besetzten Städten als Geiseln halten.

Währenddessen kommen die schon zum Symbol gewordenen Geländewagen, mit Fahnen und aufgeschweißten MGs bewehrt, durchaus koordiniert in Bewegung, sammeln sich in lose Karavanen, verlassen auf düsteren Gassen den Kamerawinkel, ziehen in noch dunklere, gefährlichere Gegenden, bewaffnet mit Entschlossenheit... und einem Versprechen, das hoffentlich nicht zu spät kam.

P.S.: Mohammed Nabbous  ("Mo") streamt ein vor wenigen Stunden aufgenommenes Video von seiner Fahrt durch Benghazi und bis ins 100km südlich gelegenen Ajdabiya. Guter Mann. Finden auch die CBS-Miarbeiter, die den Autostopp in Anspruch nehmen und auch mal kurz die Kamera halten dürfen. Benghazi wird von Rebellen kontrolliert, die einen wohlorganisierten und gefassten Eindruck machen. Außerhalb der Stadt ist es gespenstisch, aber ruhig.

Donnerstag, 3. März 2011

Indignez vous!