Mittwoch, 26. Dezember 2007

Oh, du fröhliche...

So. Fürs Erste hat sich´s ausgeweihnachtet. Gans und Karpfen sind verdaut und abgeführt, die Reihen der Prosecco-Batterien gelichtet, Krümelreste von Weihnachtkeksen wandern von einer Küchenecke in die andere, hier und da blinkt noch die eine oder andere Weihnachtsbeleuchtung. Berge von Verpackungsmaterial aller Größen, Formen und Farben türmen sich in, um und auf den eigentlich geräumigen Müllcontainern, laden dazu ein, die Großzügigkeit der lieben Nachbarn zu begutachten, den Glücksfaktor ihrer Enkelkinder abzuschätzen. Überdimensionierte Playmobil-Puppen-Wolkenkratzer, Playstation-, Xbox-, Wii-, und iPod-Zauberspender, TFTs mit dreistelligen Diagonalen, LotR-hellgate-online-Heroin-Äquivalente, dazu CDs ("danke, Oma...") und Kochbuch-Jahresvorräte, lächelnd angenommen, aus ihren temporären Glitzerhüllen befreit, den Fesseln der Silberschleifen mit den Zähnen entrissen. Darüber eine feine Schneeschicht, nach Jahren mal wieder pünktlich, die Reste der Geschenkeorgie dezent zu verhüllen suchend. Nichts ist so schön wie beschenkt zu werden. Außer, vielleicht, in dem Wettbewerb des Schenkens zu bestehen.

Mittwoch, 19. Dezember 2007

Tja...




Ich wette, Wladimir Wladimirowitsch behält diesen Gesichtsausdruck auch beim Scheißen bei...

Montag, 17. Dezember 2007

Zitat

"Nur ein Arschloch wird erfolgreich."
Robert Grassl sen.

Scheiße.

Was wollen wir überhaupt? Scharfen Whiskey saufen, süsse Mädchen ficken, Koks von ihren braungebrannten jungen Rücken durch hundert-dollar-scheine ziehen, bitt´re Emotionen hegen, uns auflösen in jenem Schmerz des Daseins? Oh, so verflucht pathetisch, allein der pure Gedanke daran. Wozu das ganze Theater? Wozu sich verstellen, sich, unter Verwendung aller rhetorischer Fähigkeiten, Rechtfertigung zusammendichten?

So eine verfickte Scheiße. „Eine Scheiße ist das!!“, schrie Marcello Mastroianni einst, den Mund voll mit Brathähnchen. Er hatte recht, verfluchte Scheiße noch mal! Auf Dich, Marcello! Darauf, dass dein göttliches Talent dafür herhalten musste, den Leuten in so einfachen Worten das zu sagen, was zuzugeben sie nie bereit sein werden. Unsere Zivilisation, die Realität, das Leben, das wir uns geschaffen haben, ist Scheiße. Dünn geschnittene, scharf gebratene, mit Schlagobers aufgekochte, fein passierte Scheiße, und kein Musiker, kein Bildhauer, kein Schriftsteller wird je etwas daran ändern können.

Samstag, 15. Dezember 2007

Demokratie

Willkommen im Russland des 3. Jahrtausends.

Originalschreiben:


Übersetzung:

"Wir Teilen Ihnen mit, dass im Rahmen der 8. Sitzung der Allrussischen politischen Partei "Einiges Russland" die föderale Liste der Kandidaten für die Abgeordnetenwahl der Staatsduma der Föderalen Versammlung der Russischen Föderation registriert wurde, womit der Start des Wahlverfahrens eingeleitet wurde.

Auf Grund der aktuellen Jurisdiktion sind Sie berechtigt, freiwillige Spenden auf das Konto des regionalen sozialen Fonds der Unterstützung der RPP "Einiges Russland" der Stadt Kemerovo zu überweisen.

Wir bitten Sie, Hilfe zum Ziele der Finanzierung der Wahlkampagne im Umfang von 1 300 000,00 Rubel zu leisten.

Für weitere Informationen zur Leistung freiwilliger Spenden können Sie sich an das regionale soziale Fond der Unterstützung der RPP "Einiges Russland" der Stadt Kemerovo wenden, tel: 8-923-611-96-11.
(...)
Sekretär des Regionalen
Politischen Rates
der Kemerover Regionalabteilung
der Allrussischen politischen
Partei "Einiges Russland"
G.T. Djudjaev"

Das Antwortschreiben steht mir leider nicht zur Verfügung. Wirklich schade. Denn hier ist das Folgeschreiben:


Und die Übersetzung:

"An den Direktor der AG Sibirische Kohlenenergie Gesellschaft A.K. Loginov

Ihre Absage, der Regionalabteilung der Partei "Einiges Russland" finanzielle Unterstützung für die Durchführung der Wahlkampagne der Staatsduma der Russischen Föderation zu leisten, bewerte ich als Verweigerung der Unterstützung des Präsidenten W.W. Putin und seines konstruktiven Kurses.

Sehe mich gezwungen, die Administration des Präsidenten und des Gouverneurs des Kemerovskaja Oblast darüber zu informieren.

Sekretär des Regionalen
Politischen Rates
der Kemerover Regionalabteilung
der Allrussischen politischen
Partei "Einiges Russland"
G.T. Djudjaev"

Wer will ein Postscriptum?

Donnerstag, 13. Dezember 2007

...

Wenn Dunkelheit, in ihrer vollen Pracht,
erreicht mein Herz inmitten dieser Nacht,
tief in mir plötzlich blinden Zorn entfacht
und mir den Schmerz der Welt vermacht,

will ich, dass ihr darüber lacht.
(Oktober 2006)

...

Was bedeutet die Welt ohne Wissen?
Ohne Blick für die Wahrheit, sag?
Doch was ich zu verstehen vermag,
Muß ich teilen mit eurem Gewissen.
(Ist für euch nur dahingeschissen,
wenn ich euch einmal danach frag.)

Was bedeutet die Welt ohne Glaube?
Glaube schützt, Glaube schenkt uns Licht.
Wie das Lächeln in ihrem Gesicht,
Dessen ich mich so töricht beraube.

Was bedeutet die Welt ohne Sinn?
Sinnlos leben, wer kann das verkraften?
Nur muss selten der dafür haften,
Der nur trachtet nach seinem Gewinn.

Was bedeutet die Welt ohne Liebe?
Sie gebärt Passion und Gewalt.
Und so trete ich nassen Asphalt -
nur ein Rädchen in ihrem Getriebe.

Was bedeutet die Welt ohne Glück?
Seines Zeichens tragischer Ritter,
Trage ich vor dem letzten Gewitter
Dieses Kreuz, ohne Blick zurück.
(Oktober 2006)

...

Diese Nacht bringt mir Hoffnung und Liebe.
Sie kredenzt mir Verständnis und Freiheit,
sie verscheucht Egoismus und Geilheit,
bläst den Sand aus meinem Getriebe.

Schon entschwindet mein Geist in der Ferne,
Tanzen Finger auf der Tastatur.
Dann vergess ich Moral und Zensur,
Und es gibt nur noch mich und die Sterne.
(Oktober 2006)

...

Ich fühle Schmerz,
So hilflos ob des Wissens
Um mein Unwissen,
Das mich zum Menschen macht –
Einer gewissen “beseelten Kreatur”.

Es lässt mich schwanken,
Lehrt mich fürchten.
Unfähig bin ich, Mut zu fassen,
Mich, des Morgens ungewiss,
Auf´s Gestern zu verlassen,
Blind zu leben.
(2005)

...

Ach, wie geschickt
Drängt sich das Leben einem auf,
Wie schlicht!
So herrlich hilflos - ich, in seinem Angesicht.

Doch wie erhaben das Gefühl,
Den Wettlauf mit der Zeit zu spüren,
Das Feuer des Moments
In sich zu schüren,
Blind, einem Falter gleich,
Zu fliegen in das Licht.

Und nur um, dieses kaum begreifend,
Zeit eines Lebens einen Vektor suchend,
Über die Fülle an Faktoren fluchend,
Es nur zu sehen, nie erreichend.

Der Fluss des Lebens, seine Logik,
Von der der Lyrik ganz zu schweigen,
Ist nur ein Hauch Mathematik,
Vor ihr will ich mein Haupt verneigen.
(2004)

...

Und Yoda sprach:”Deine Gefühle du erforschen musst.
Natur und Grund erkenne deiner Lust.

Verleiten lassen darfst dich nicht vom Zweifel du
denn Angst daraus entsteht, wirst finden keine Ruh´

du, wenn ihr Macht du gibst,
wenn fürchtest zu verlieren, was du liebst.

Und Zorn Besitz ergreifen von dir wird sogleich,
der Wut ist er ein Bruder, viel zu leicht

der Weg zu purem Hass für dich dann wird,
unweigerlich zur Dunklen Seite er dich führt.”
(2005)

...

Des Regens Klang weckt mich aus meinem Schmerz.
Ich fokussiere mühsam durch der Tränen Schleier.
Im Augenblick bin ich zwar ziemlich meier,
Doch wieder schlagen will dies müde Herz.

Mein Blick fängt wieder langsam an zu wandern
durch dieses Zimmer, dieses düstre Schlafgemach,
in dem sie lag, einst, nackt und müde aber wach,
das ich nun teile mit der unbekannten Ander´n.

Verdammt soll sein der ferne bitt´re Tag,
als ich den Fehler machte, sie zu provozieren.
Und herzlichst wenig bringt´s, zu reflektieren,
wenn herzuzaubern ich sie nicht vermag.

Und so betrachte ich den Körper dieser Kleinen,
die Leidenschaft heut Nacht von mir erfuhr.
Sie schläft. Ich höre nur das Ticken ihrer Uhr
und fange wieder lautlos an zu weinen.
(10-12 Oktober 2006)

...

Stets Vorsicht sollte walten lassen,
Wer Gutes zwar im Herzen trägt,
Jedoch zugleich die Absicht hegt,
Es hier und jetzt unüberlegt
Zu werfen in die Massen.

Denn morgen könnten sie ihn dafür hassen.
(2005)

...

Bei Nacht umgibt im Haus mich Stille,
Die denken mich nun lässt an Licht.
In diesem traurigen Gedicht
Steckt all mein Wissen, all mein Wille.
(2005)

...

Dir zu begegnen ist, als würden tausend Sterne
In einer dunklen Nacht mir einen Pfad erleuchten.
Als würden plötzlich in der nuklear verseuchten,
Längst toten Erde Rosen blühen. Nur zu gerne

Würd ich dich bitten, ewig hier zu bleiben
Um dir des Nachts beim Schlafen zuzusehen,
Mit dir gemeinsam Stürme zu bestehen;
Und dir Millionen von Gedichten schreiben.
(Mai 2006)

Mittwoch, 5. Dezember 2007

Sympathy for the Bomb.

Ich habe Lust, die Bombe zu zünden.
So viele Bomben
werden gezündet, jeden Tag,
aus mannigfaltigsten Gründen.
Aus der Überzeugung,
rechtschaffen zu handeln
und dem göttlichen Plan zu entsprechen.

Aus Gründen, alsbald erörtert und verdammt,
als nichtig abgetan
von Hinterbliebenen,
als unmenschlich gebrandmarkt
von Regierungen,
die sich vor Bomben fürchten,
und sie dennoch auch verwenden,
(aus Sicherheitsgründen)
aus eigenen Gründen,
die stets rechtschaffen sind
und dem göttlichen Plan entsprechen.

Also kann ich doch auch eine Bombe zünden,
aus meinen eigenen Gründen.
Und niemanden muß ich fragen,
denn meine Gründe sind rechtschaffen
und dem göttlichen Plan entsprechend.
Denn wer kann den schon kennen?
Warum kann es nicht meine Bombe sein?

Samstag, 24. November 2007

Kapitel 1

Der Morgen brachte Frost. Die Sonne wagte sich noch nicht über den Horizont – ihr Licht kam ihr zuvor und tauchte die Spitzen der Blauen Wälder in zartes rosa. Das welke gefrorene Gras unter seinen Füssen raschelte trocken, als der Krieger sich müde und schwer auf einen der Grossen Steine setzte und seinen Blick nach Osten richtete, um den Sonnenaufgang in Ruhe abzuwarten. Er hatte keine Eile. Der Drache war besiegt. Im Moment gab es nichts mehr zu tun. Er verspürte eine seltsame Leere.
Der Grosse Stein war wärmer als die Umgebung. Der Krieger legte dankbar die Handflächen darauf und lächelte müde in sich hinein. Es war nur ein Stein. Gross und flach und warm und wie geschaffen für eine Rast, aber nur ein Stein, was kümmerte ihn der Grund. Dem Stein war es sicher egal.
Man sagt, die Grossen Steine beziehen ihre Wärme aus dem tiefsten Inneren der Erde, und so werde es immer sein, auch wenn der letzte Mensch seinen letzten Atemzug getan hat. Dann wird niemand da sein, um es zu bezeugen, dachte er. Oder vielleicht wird der letzte Mensch auf diesen Hügel steigen, um seinen letzten Sonnenaufgang willkommen zu heissen und es herauszufinden. Würde er enttäuscht sein zu erfahren, dass vor langer Zeit schon einmal jemand hier gesessen hat, oder würde es ihm seine Einsamkeit versüssen? Nach kurzem Zögern zog er einen silbernen Ring vom Mittelfinger der linken Hand und legte ihn neben sich auf den Stein. Hier wird er die Zeit bis zum letzten Sonnenaufgang überdauern, dachte er. Denn es ist verboten, sich den Grossen Steinen zu nähern, daran wird der Tod des Drachen nichts ändern. Denn die Menschen ändern sich nicht. Sie hüten alte Ängste mehr als neue Hoffnungen. Vertrauter Schmerz ist ihnen willkommener als frischer Mut.
Die Sonne liess immer noch auf sich warten. Es konnte nicht mehr lange dauern. Die linke Schulter pochte nur noch und blutete kaum. Komisch, denn die Wunde schien tief zu sein. Er hatte gespürt, wie die lange gebogene Kralle einen Knochen streifte. Die Wunde könnte sich infiziert haben, möglicherweise stirbt er gerade an dem Gift des Drachen – noch ein hartnäckiges und nie nachgewiesenes Gerücht. Vielleicht sollte er sich kurz hinlegen und sich von dem Stein wärmen lassen. Nicht schlafen, nur kurz die vor Müdigkeit brennenden Augen schliessen. Wann hatte er zum letzten Mal geschlafen? Er wusste es nicht. Seine Augenlider fühlten sich zu schwer an, um offen zu bleiben. Sein Kinn sank langsam auf die Brust, sein Atem wurde flach. Nur noch das Herz schlug seinen Takt, aber die Abstände wurden langsam grösser. Noch wenige Augenblicke, und aller Schmerz dieser Welt würde ihm für immer erspart bleiben. Die Sonne konnte ihm gestohlen bleiben.
In Zeitlupe hob sich seine rechte Hand, bewegte sich leblos zur linken Schulter, umfasste sie und drückte den Daumen mit aller Kraft in die Wunde. Der Krieger schrie auf, als der Schmerz seinen ganzen Körper durchdrang und ihm Tränen in die Augen trieb. Er verlagerte sein Gewicht nach vorne, stiess sich mit tauben Füssen ab, schnaubte und kippte vornüber ins vereiste Gras, wo er einige Sekunden lang liegen blieb, nach Atem ringend. Er schmeckte Blut. Mit jedem Herzschlag sendete seine Schulter verzweifelte Signale in Form von fürchterlichen Hitzewellen aus. Jedes Mal, wenn sie seinen Kopf erreichten, sah er Sterne. Er versuchte, den Kopf zu heben, und stöhnte, als ein starkes Schwindelgefühl ihn überkam, so als hätte die Welt um ihn herum plötzlich eine halbe Drehung nach hinten und dann eine volle nach vorne vollführt. Er erbrach laut und glaubte, sein gesamtes Inneres nach aussen zu stülpen. Aber was herauskam, war nur saure Luft. Er spuckte ein paar Mal und schaffte es schliesslich, die Augen nach vorne zu richten. Durch die Spitzen der Baumkronen am Horizont loderte die grelle Scheibe der aufgehenden Sonne.
„Interessant.“, sagte eine klare Stimme hinter ihm. Sagte es höhnisch, aber er hatte keine Kraft, um zornig zu sein.
"Verzieh dich.", sagte er, und nur ein Krächzen kam heraus.
"Wie bitte?", fragte die Stimme.
"Geh weg, Dämon.", wiederholte er, und diesmal gelang es etwas besser.
"Ohne Kenntnis meiner Identität schickt er mich fort? Ist das sein Ernst?", fragte die Stimme.
"Lass Ernst aus dem Spiel.", grinste der Krieger -eher ein wölfisches Zähnefletschen- und wirbelte auf den Knien herum. Rechte und linke Hand schleuderten gleichzeitig zwei kurze Wurfmesser in Richtung der vermuteten Quelle der höhnischen Stimme. Die Klingen schnitten zielsicher durch die kalte Morgenluft – und trafen ins Leere, segelten über die Klippe auf der anderen Seite des Drachenhügels, zum tiefen Fall verdammt. Die verletzte Schulter sandte beleidigt weitere Schmerzwellen durch seinen müden Körper.
"Jung ist er, der Recke. Talentiert. Jedoch ungeduldig. Nicht gelernt hat er, seinen Augen zu vertrauen. Entschlossenheit allein wird ihm seinen Weg durch das Dunkel nicht erleuchten können.", sprach die Stimme, jetzt von seiner linken Flanke, und gespielte Enttäuschung lag darin. Er blickte um sich, doch da war nichts auf jenem Hügel. Nur er und der Kadaver des Drachen, dessen dunkles Blut das welke Gras endgültig tötete, teilten den verbotenen Boden. Die junge Sonne spielte in den silbernen Schuppen des einst mächtigen Rückens der Kreatur.
"Zeig dich, Dämon.", fauchte er und ergriff zwei weitere Messer.
"So überzeugt ist er, einem Dämon gegenüberzustehen. Warum verschwendet er dann seine Messer?", wunderte sich die Stimme direkt vor ihm, aber noch immer keine Spur von ihrem Besitzer.
"Gefährlicher als ein Dämon ist nur, wer sich für einen ausgibt.", sprach er und sah es endlich. Über dem Stein, dessen trügerische Wärme ihn fast um sein Leben gebracht hatte, brach das Licht leicht und liess eine verschwommene Sillhouette erkennen, deren Fläche die Steine und den Kadaver hinter ihr verzerrten. Die Gestalt schwebte über dem Boden, und das, was ihr Kopf sein mochte, war neugierig (spöttisch?) zur Seite geneigt. Er ließ die Messer sinken.
"Was bist du?", fragte er, aber der kupferne Vorgeschmack eines Verdachts breitete sich bereits auf seiner Zunge aus.
"Nicht alles, was eines Körpers entbehrt, entbehrt eines Bewusstseins. Nicht alles, was des Bewusstseins entbehrt, ist frei von Stolz. Wir jedoch haben beides und sind daher wer, nicht was.", sagte das Ding und machte eine vielsagende Pause, während es ganz langsam und gemächlich in seine Richtung zu schweben begann. Es spielte den Lektor.
"Ich verbeuge mich nicht vor atmosphärischen Erscheinungen.", sagte er, aber es klang nicht so selbstsicher, wie er es vorgehabt hatte.
"Und doch steht er auf den Knien." Die Gestalt schien amüsiert.
"Nicht deinetwegen, Flikker.", spie er grimmig aus. Ein Teil von ihm fragte sich, durch den Schmerzschleier hindurch, woher er dieses Wort kannte. Und warum er das Gefühl hatte, es richtig angewendet zu haben. Er steckte die Wurfmesser ein, stellte ein Bein auf und erhob sich langsam, seine Schulter haltend. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, und er verharrte, vornübergebeugt, und befürchtete, wieder hinfallen zu müssen. Doch schliesslich wurde die Dunkelheit von einer Handvoll heller Flecken abgelöst. Mit einem letzten leisen Stöhnen, das er sich gern verkniffen hätte, richtete er sich auf.
"Er kennt uns also doch. Zumindest unseren Namen. Er erinnert sich.", freute sich die Gestalt sichtlich (hörbar), und doch war da etwas unechtes an dieser Stimme, etwas alarmierendes. Es schwebte sanft von dem Stein herunter und auf ihn zu.
"Eine kuriose Kandidatur. Und so herrlich unwissend.", zischelte es schlangenartig.
"Bleib weg von mir. Was willst du?", stammelte er. Plötzliche Panik mischte sich in seine Stimme. Irgendwie kannte er die Antwort, konnte aber nicht danach greifen. Er taumelte einige Schritte rückwärts, und behielt wie durch ein Wunder das Gleichgewicht. Etwas quälend Vertrautes war an diesem Augenblick, an diesem Ding, wie ein starkes dejá vù. Nur schien dieses Gefühl nicht singulär, sondern verschachtelt in sich selbst, in einer endlosen Anzahl unzähliger Varianten dieser Situation. Er bekam keine Luft. Seine Finger griffen hilflos nach dem Kragen seiner Lederrüstung und rissen an den Schnüren. Seine Schulter dröhnte, und der Kopf dröhnte mit, er fühlte, wie seine Knie nachgaben und er nach hinten kippte, doch es gab keinen Aufprall, er fiel weiter, tiefer und tiefer und dann war da nur noch Dunkelheit.

* * *

Der Hirte wusste gleich, dass etwas passiert war. Was genau, das liess sich nicht sagen. Noch nicht. Etwas Wichtiges. Etwas Ungewöhnliches, was vielleicht noch gefährlicher war. Allein der Gedanke daran erzeugte eine vergessen geglaubte, bis jetzt im Verborgenen schlummernde Vibration, die nun in Wellen durch seinen Körper wanderte, Gänsehaut hinterlassend. Dennoch zögerte er noch lange, trank zwei Schalen Tee, stopfte zwei Mal die Pfeife und klopfte sie zwei Mal auf dem Tisch aus, stocherte mit der Messerspitze in der Asche herum, wodurch er sich zwei strafende Blicke von der Frau einfing, die sich zu diesem Zweck zwei Augenblicke lang von ihren Kräuterbündeln löste. Dann stand er seufzend auf, schlenderte über die quietschenden Dielen zum Feuer des Kamins, ging in die Hocke und legte behutsam zwei Holzscheite nach, rückte sie über der Glut zurecht, so dass die Flammen alle Seiten zu fassen bekamen. Das Feuer umspielte seine Finger, versuchte, nach ihnen zu greifen, doch die erfahrene Hand fürchtet das Feuer nicht. So wie der erfahrene Mann nicht das Leben fürchtet, dachte er. Nach all diesen Jahren war es wohl wieder an der Zeit. Er richtete sich wieder auf, steckte die Hände in die Hosentaschen und liess seinen Blick durch den Raum wandern. Kamin und Öllampe hüllten die karge Einrichtung in tänzelnde Schatten, liessen sie nach mehr aussehen, verliehen dem Zimmer Tiefe. Die Frau passte gut hinein, gaukelte Sicherheit vor. Er ging zurück zum Tisch, steckte das Messer in die Scheide an seinem Gürtel, nahm die alte Jacke von der Wand und zog sie an. Hinter ihm raschelte ein Kräuterbündel.
"Wenn du dich wieder besäufst oder zu dieser Hure gehst, brauchst du nicht wiederzukommen.", sagte sie kalt.
Wenn du wirklich leben würdest, bräuchte ich weder das Eine, noch das Andere, dachte er.
"Sie ist keine Hure.", murmelte er. Er sah sich um, überlegte kurz, nahm das faustgrosse Stück Brot vom Tisch und wickelte es in ein sauberes Tuch. Dann goss er den restlichen, mindestens so starken wie dunklen, Tee in die verbeulte Feldflasche und machte sie mit dem Vogelbeerbrand aus der grossen Bouteille voll. Er spürte ihren Blick auf seinem Hinterkopf, spürte die Frage in ihrem Geist auflodern, noch bevor sie sie aussprach:
„Was ist los?“ Besorgnis in ihrer Stimme.
Er stopfte Brot, Flasche, Tabak und Pfeife in den betagten Lederrucksack. Er ging in die Kammer, wühlte durch die Regale und kam mit Verbänden, einem Bündel Lederriemen, einigen Kräuterbündeln und einer kleinen Axt, die er hinter den Gurt steckte, heraus. Dann verstaute er alles in dem Sack, schwang ihn sich über die Schulter, nahm den guten Nussbaumstock und stiess die Tür auf. Eine klare, lauwarme Augustnacht hiess ihn mit frühem Mondlicht willkommen. Nur noch ein schmaler Strich fehlte zum Vollmond. Morgen also. Er musste die Nacht nutzen. Zikaden schrien ihre Leidenschaft hungrig dem Himmel entgegen, und Glühwürmchen kämpften verbissen gegen die Leuchtkraft der Sterne an. Am Rande der Wahrnehmung, tief in den Wäldern, heulte ein Wolf einen Bruder an, gefolgt von einer bereitwilligen Antwort, deutlich näher. Sein Schatten erstreckte sich über den kleinen Hof, eingerahmt vom warmen Schein der Häuslichkeit, die er hinter sich lassen würde, sobald er diese Tür schloss, womöglich für immer. Dieses Gefühl von Präsenz, von Realität, hatte er lange nicht mehr verspürt. Vielleicht zu lange. War er noch stark genug? Mutig genug? Ist er es jemals gewesen?
„Geh nicht.“ Nun zitterte ihre Stimme. Sie hatte endlich verstanden. Preiset den Herrn. Sie verstand, nicht zu verstehen, aber das reichte. Sie war es gewohnt, nicht zu verstehen. Sie kannte das Gefühl, sträubte sich davor, zu begreifen, wehrte sich gegen das tödliche Wissen, und dieser Kampf raubte ihr alle Kraft, saugte ihr das Leben aus, liess sie angsterfüllt dahinvegetieren. Angst ist genügsam, und sein mächtigster Verbündeter. Angst vor Verlust, die Stärkste von allen. Ihre einzige Form, eigentlich. Er hatte auch Angst, nur ein Narr hätte keine. Aber hatte er eine Wahl? Hat man nicht immer eine Wahl? Sagt man das nicht so, „des eigenen Glückes Schmied“? Nur ein Narr denkt dabei an Glück. Er seufzte und blieb mit dem Rücken zu ihr stehen.
„Es wird alles gut.“, sagte er und zwang sich, ruhig und überzeugt zu klingen. Schweigen füllte den Raum. Nur das Holz im Kamin barst zwei Mal und ließ sie zwei Mal zusammenzucken. Ganz leicht.
„Und wenn er dich..?“, fragte sie und zitterte und wagte nicht, es auszusprechen.
„Das ist nicht seine Entscheidung.“ Er sah es nicht, spürte aber, das sie weinte. Er blickte zu den Sternen, sah jedoch nur ihre Augen, die sich mit Tränen füllten. Augen, die er einmal geliebt hatte.
„Wenn der Vollmond ohne mich untergeht, verkauf das Vieh und fahr zu deiner Schwester.“, sagte er über die Schulter. Und wenn ich mit ihm untergehe, so sei es, dachte er und trat hinaus in die Nacht,

* * *

nach Westen. Vorbei an der windschiefen Hütte des blinden Iosif, dessen unzählige (ausnahmslos erlogene, aber meisterhaft dargebrachte) Geschichten über den Heiligen Krieg jedes Saufgelage erheiterten. Vorbei an der einzigen Dorfschänke, in der ebenjene Saufgelage jede Nacht stattfanden (so auch jetzt, dem Licht und dem Grölen nach zu urteilen). Vorbei an der Schmiede, deren helles Hämmern tagsüber viel vom Leben des Dorfes, die junge Tochter des Schmieds wiederum, Susanna (vom Vater behütet, von den Männern begehrt, beneidet und gefürchtet von deren Frauen), viel von dessen Schönheit ausmachte. Vorbei an der alten Kapelle, die in den letzten zehn Jahren vier Mal samt Priester abgebrannt und nie richtig restauriert worden war. Vorbei an dem seit Menschengedenken verlassenen Haus am Dorfrand, das beständig den Ruf eines Geisterhauses unter den Halbstarken aufrechterhielt, indem es, infolge von Mutproben, regelmässig für gebrochene Arme und Beine sorgte. Vorbei an den leerstehenden Pferdeställen und ewig provisorisch umzäunten Maisfeldern.
Weit hinter ihm gedämpfte heitere Laute. Der Hirte blieb stehen und blickte über die Schulter zu den Lichtern der Schänke zurück. Der Stammtisch hiess wohl gerade ein weiteres Mitglied willkommen. Etwas in ihm wollte umkehren, den Weg bis zur Schänke zurücklegen und reinplatzen, wie so viele Male zuvor. Ein grölendes Wilkommen war auch ihm garantiert. Männer würden näher zusammenrücken, ihm einen Platz in ihrer Mitte freimachend, schwielige Farmerhände würden auf seinen Rücken klopfen, die rosige Martha würde lächeln und ihm kokett zuzwinkern, ihm einen Krug Bier hinknallen und dabei seine Schulter mit ihrer voluminösen Brust streifen, rein zufällig, versteht sich. Das Zwinkern nun von den anderen Gästen hinnehmend, (alle wussten von Marthas Schwäche für den Hirten, der nicht nur einmal ihre Wärme erfuhr) würde er in die Runde blicken und etwas simples und warmherziges sagen. Männer würden nicken und Hört, Hört murmeln und ihre Krüge auf eine gute Ernte erheben. Alles wäre beim Alten.
Alles, aber auch nichts. Denn er würde es wissen. Und jenes Wissen könnte er mit niemandem teilen. Nicht einmal mit Martha, die für Trost geschaffen schien. Nicht, weil ihm niemand glauben würde. Es war einfach keine Sache, die Mitwisser duldete. Geheimnis der Person, jene Methode der Entscheidung, die sein Meister ihn lehrte, angewendet auf alle Zeiten, alle Welten, alle Schicksale. Er drehte sich wieder um, atmete drei Mal tief ein und aus und setzte seinen Marsch fort.
Von hier zog sich der staubige Weg hinunter zum Fuss des Hügels, schmiegte sich eine Meile lang an den eiskalten und steinigen Krötenbach (der längst keine Kröten beherbergte), durchquerte diesen brückenlos, wand sich in der Ferne, am alten Friedhof vorbei, den Kahlen Berg hinauf, dessen unerwartet dichtbewaldete Flanken reich an Pilzen und Wild waren, umschrieb die felsbesetzte Bergspitze und mündete auf der anderer Seite in Brukk. Brukk stellte das Tor zur Welt. Von dort aus schlängelten sich ebenso staubige Wege weiter nach Westen und Süden entlang des mächtigen Uanod, raus aus dem Hügelland, hinein in Kaiserliche Ländereien, und noch weiter, bis nach Kaiserstadt, mit ihren prächtigen Weingärten und Palästen, von alten Ouri-Bäumen überschattet, und dem schier grenzenlosen, pulsierenden Marktplatz, voller wundersamster Dinge und Gerüche.
Jenen Marktplatz sah der Hirte nur ein Mal, vor vielen Jahren, noch als Kind. Sein Vater hing in dessen Mitte, zusammen mit zwei Kumpanen und dem Hehler, der das Tafelsilber ankaufte. Es war Hochsommer und die Krähen machten sich gerade über ihre Augen her und stritten mit der bunten Hundemeute enthusiastisch um die besten Plätze. Der Soldat in der atemberaubend schimmernden Rüstung drückte ihm eine Silbermünze in die Hand, raufte ihm grob das Haar und liess ihn vor dem Schafott stehen. Drei Tage lang hingen die Leichen inmitten des geschäftigen Treibens. Drei Tage lang irrte er durch die endlosen Marktreihen, entfernte sich in einer unbewussten Spirale immer weiter von dem tödlichen Zentrum, dem Herzen dieses atmenden, sich ständig zersetzenden Organismus, umgeben von Tier- und Pflanzenleichen jeglicher Art, die immerzu zerhackt, gewogen und von menschlichen Krähen stückweise davongetragen wurden, unter immerwährendem, heiterem Streit. Er kaufte nie etwas. Die Silbermünze des Soldaten war sicher in seiner Faust verwahrt, diese wiederum in seiner Hosentasche, doppelt hält besser. Wenn er Hunger hatte, klaute er. Wenn er müde war, versteckte er sich in einer der zahllosen Wucherungen aus Getreidesäcken, Abfall und Holzkisten aller Grösse und Form, die er sich stets mit der unerwartet toleranten Hundemeute teilte.
Am vierten Tag erwachte er in einer leeren Obstkiste, überwand das Bedürfnis, das Loch im Magen zu verdrängen und den Schlaf des Vergessens wieder über sich hereinbrechen zu lassen, schlug vorsichtig die Plane zur Seite und erstarrte. Einen Fuss von seinem Gesicht entfernt hockte die hässlichste Marktkrähe, die er je gesehen hatte, auf dem Rand seiner Kiste und betrachtete ihn, den Kopf schiefgelegt, mit einem tiefschwarzen glasigen Auge. Jener Blick war unendlich kalt, unberechenbar, bedrohlich. Sie hatten ihn aufgespürt, überfallen, in die Ecke gedrängt. Er hätte schreien können, danach schlagen. Letztendlich hätte wahrscheinlich die kleinste Bewegung den unheimlichen Vogel verscheucht. Doch er war wie gelähmt. Jegliche Kraft war aus seinen Gliedern gewichen. Die Krähe schien seine Angst zu riechen und hüpfte seitwärts auf dem Rand, verringerte den Abstand zu seinem Gesicht. Er begriff plötzlich, dass sie nicht davor halt machen würde, von dem Weiß seiner Augen zu kosten, probeweise, und dass er nichts dagegen unternehmen würde, es nicht konnte. Und als der furchtbare Vogel den abgewetzten Schnabel öffnete und einen kehligen Laut von sich gab, kam dieser ihm vor wie ein Wort, ein fremdes, böses, mächtiges Wort, das ihn mit dem schrecklichsten aller Flüche zu belegen suchte. Jetzt erst kam der Schrei, drang aus ihm heraus wie eine versiegt geglaubte Quelle, stieß mit schmerzendem Druck seine sandige Kehle hinauf, schwoll zu unmenschlicher Lautstärke an, betäubte ihn selbst. Gleichzeitig strampelte er und fuchtelte panisch mit den Armen, schlug so heftig um sich, als wäre er in einer Spinnengrube erwacht, polterte mitsamt seiner Kiste zu Boden und brachte den halben Schuttberg zum Einsturz. Die Krähe schwang sich spielerisch in die klare Morgenluft, drehte ein paar Kreise über ihrem Opfer und zog, spöttisch keifend, von dannen, liess ihn in dem Müll zurück.
Der Hirte schüttelte trotzig den Kopf und brach die Erinnerung ab, verjagte sie in einen hinteren Winkel seines Geistes. Er brauchte jetzt einen klaren Kopf. Er war noch nicht in Gefahr, aber das würde sich schnell ändern. Und wenn es soweit war, musste es bereit sein. Bereitsein ist alles.
Zu seinen Füssen wand sich der Krötenbach rauschend durch sein steiniges Bett, spielte nebenbei mit dem Mond. Nach den üppigen Regenfällen der letzten Wochen führte er reichlich Wasser. Die Ernte versprach Überschuss. Vielleicht sollten sie dieses Jahr ein paar Taugenichtse aus Brukk hinzuziehen. Der Hirte ging in die Hocke und spritzte sich eine Handvoll eiskaltes Wasser ins Gesicht. Er spielte kurz mit dem Gedanken, die Wasserschläuche zu füllen, entschied aber dagegen. Wasser war jetzt nicht das primäre Problem, zusätzliches Gewicht wäre jedoch hinderlich; der kommende Tag würde ihm möglicherweise das letzte Bisschen Kraft abverlangen. Er rückte den Rucksack zurecht, hielt den Stock fest und überquerte das Wasser mit wenigen kraftvollen Sprüngen; seine Füsse fanden, der Dunkelheit zum Trotz, zielsicher Halt auf den rutschigen Steinen, die manch einen geschickten Jüngling zu Fall gebracht hätten. Nasse Füsse waren jetzt das letzte, was er brauchte. Die Wölfe würden sich über eine überdeutliche Fährte freuen, und sie waren nicht das Schlimmste, das ihm heute Nacht passieren konnte...
Am anderen Ufer des Bachs hielt er abermals inne und wagte einen letzten Blick zurück. Die wenigen Lichter des Dorfes lagen weit hinter ihm und schimmerten vage über dem Hügel. Vor ihm breitete sich majestätisch die Namenlose Ebene aus, deren üppige Wiesen so sehr von den Herden der umliegenden Dörfer geschätzt wurden.
Er war nun an der äußersten Grenze der Sicheren Gebiete angelangt. Hier fing das Niemandsland an, voller Mysterien und Gefahren. Der kalte Nebel des Morgens brach bereits langsam über das Land herein, kroch von den Hügeln herab, verprach einen neuen Tag, möglicherweise den letzten.

Mittwoch, 14. November 2007

Themawechsel

Hey, did you hear the joke about the zen-master that ordered a hot dog?

He said he´d have one with everything...

Memories of the future...

Einmal, mit dreiundzwanzig, es muss später Frühling gewesen sein, warm und behaglich, da überkam mich ein sehr eigenartiges Gefühl, so als hätten all die Stühle und Bilder und Wände und Häuser und Tauben und Menschen und Autos und Bäume und Städte und Berge und Planeten und Sternhaufen plötzlich aufgeleuchtet und gesagt: wir sind hier, ehrlich.

Ich richtete mich auf und sah mich verwundert um, während mein Geist versuchte, das neuartige Gefühl zu kategorisieren. Ich schien die gesamte Struktur des mich umgebenden Kosmos auf einmal sehen oder eher spüren zu können. Er umgab mich wie eine warme Decke, frisch und sicher. Es war unglaublich. Die Welt, wie sie sich bislang zu erkennen gab, hatte vieles verheimlicht, nun kam sie mit einem vehementen Ruck in Bewegung und für einen Moment sah ich die Räumlichkeit hinter der zweidimensionalen, platten Realität. Mehr noch: ich verstand, das es gut war, gesund, bedeutend. Alles, was ich ansah, strahlte filligran strukturierte Richtigkeit aus. Jeder noch so chaotische Vorgang roch nach Ordnung.

Drei oder vier Tage lang war ich wie verzaubert. Erstaunt schwebte ich durch Zimmer und Gassen und hieß jede Fliege, jede Wolke, jedes Blatt, jedes Wort, jedes Härchen in ihrem Nacken, jeden Augenblick in meiner neuen Welt willkommen. Das Universum ist von absoluter Schönheit. Seinen Gesetzen unterworfene Dinge können nur schön sein, ungeachtet menschlicher Ängste und Hoffnungen. Alles Erkennbare erbringt täglich den nötigen Beweis dafür. Wichtig ist die Perspektive, die Erkenntnis der Zussammenhänge. Diese Erkenntnis hatte ich ganz plötzlich erlangt. Wie ein Geschenk. Es war eine echte Erleuchtung. Und auch das verstand ich sofort. Mein Herz war erfüllt von tiefster Dankbarkeit, in einem Meer von Verständnis. Alle zehn Minuten hätte ich weinen können. Immer wieder war es schlicht notwendig, ich war bereits völlig übersensibilisiert; der Informationsfluss war immens; ein Blick auf jede Struktur, jeden Prozess ergab einen Schwall an Emotionen. Alle Sinne, jeder Gedanke waren nach Aussen gerichtet, jedoch in einer völlig neuen Form: ich war auch Aussen. Der Himmel schien sich in all seiner Unendlichkeit über mir zu erstrecken und ich war Teil des Himmels. Dann heulte ich vor Freude und Hochgefühl und der Himmel heulte mit mir. Ich trank unsere Tränen und roch den Staub und streichelte die nassen Wolken, der späte Mond liebkoste unsere Gesichter mit Licht aus zweiter Hand, das mir Gänsehaut bescherte, und Katzen beäugten uns nachsichtig, aber anerkennend, und grinsten verlegen.

Drei Wochen lang begleitete es mich noch, jenes Licht, langsam an Farbe und Detail verlierend, wie jede Erinnerung. Beinahe euphorisch suchte ich, den Zustand der absoluten Resonanz aufrechtzuerhalten und dachte nach, und hörte Musik (und hörte mich in jeder Strophe, und heulte wieder), und schrieb, nicht gezielt, eher meditativ, zaghaft zunächst, und hielt die Erfahrung einer Erkenntnis in mir aufrecht, einem Heiligtum gleich.

Doch die Vergangenheit hat die Angewohnheit, zu verschwimmen, bis auf ein paar logische Knotenpunkte, etwas, aus dem sich eine erkannte Wahrheit ungefähr rekonstruieren lässt. Bruchstücke der Vergangenheit überlagern und verdrängen einander, verzerren die Zeit, verfälschen das Gesamtbild, nehmen Wunschformen an; alles, was bleibt, ist die Erinnerung an etwas Wichtiges; man verliert den Kontext. Dennoch hinterliess das Ereignis eine süss schmerzende Narbe, die ich seitdem zu streicheln pflege, hin und wieder, in dem Wissen, jenes Gefühl niemals vollständig zu verlieren, jenen Zustand der vollkommenen und allumfassenden, göttlichen Liebe.

Dienstag, 6. November 2007

Nebenbei...

Casualties during the Iraq invasion:
(counting since 03.2003)

US : 3855
Iraq : ~650000

Montag, 5. November 2007

Und doch...

Der Stern, um den ich immer kreisen werde,
Der ferne Ball aus Feuer, Gas und Fusion,
Der hell erleuchtet jeden Morgen diese Erde,
Der Herr sein möge jeder meiner Vision.

Er seine Wärme sende jeder Herde,
Er Schein erzeuge durch der Wolken Schicht.
Er, den ich einmal berühren werde,
Er bringe Hoffnung, bringe ewig Licht.

Wort zum Montag

Ich kriege keine Luft.

Kann nicht atmen in dieser euren neuen "freien" Welt, die jene "Freiheit", jenen Fortschritt und Wohlstand mit Joghurt fressenden, sich eincremenden, krampfartig lächelnden Gesichtern der Werbung propagiert, und doch nur Reichtum für die ohnehin Reichen meint, als Ausgleich für ihre verlorenen Seelen;

die mir Sicherheit und Sorglosigkeit suggeriert, um dem Dilemma der Gewissensfrage zu entgehen, sich abzusichern gegen jegliche Verantwortung des Staats gegenüber dem Individuum, mich meine Bedürfnisse zurückstecken zu lassen gegenüber der Konjunktur (sprich: Gott), der demographischen Verschiebung (sprich: göttliche Strafe), dem nächsten Anti-Terror-Krieg (sprich: göttlicher Auftrag), und mir meine vermeintlichen Ziele in Form der neuen S-Klasse-Anti-Aging-Dolby-Surround-HighEnd-Cappucino-Maschine vorwegnimmt, nur um mich klein zu halten, in der (berechtigten) Hoffnung, meine Sensorik dermassen zu überlasten, dass jeglicher Widerstand im Keim erstickt wird;

die meinen von Schmerz und Sehnsucht und der Scham vor dem Begreifen, von sogenannten legalen (Lucky Strike/AlkoPops) und sogenannten illegalen (Cannabis) Drogen zerrütteten Organismus jederzeit mit Pickelabsaugung, Oberlippenpeeling, Augenlidstraffung, bottox-Einlauf und Schliessmuskelimplantat zu Leibe zu rücken trachtet, weil mein Anblick das kompositionelle Empfinden des kunstbewandten Auges eines Bank-Sack-Lackaffen zu beleidigen droht;

die mir, trotz angeblichem Recht zur Selbstentfaltung, vorschreibt, was und zu welchem Anlass ich zu essen, anzuziehen und zu sagen habe, in Abhängigkeit von der Vertretbarkeit aus wirtschaftlicher, religiöser, politischer und ethischer Sicht, in genau dieser Reihenfolge. Das moralische Kriterium scheint dabei überholt und den Ansprüchen der "Öffentlichkeit" nicht gewachsen und führt nunmehr haupsächlich in dem heiligen Krieg um die Freiheit der in Legebatterien stellvertretend inhaftierten Hühner sein Schattendasein;

die mich, sobald meine Psyche sich in einem letzten Kraftakt aufbäumt und gegen die Bleikernstreben des vergoldeten Käfigs meines gefälligst glücklichen Daseins drückt, sogleich zu medikamentöser "Behandlung" meiner psychischen "Krankheit" greift, mir je nach schubladenhafter Klassifizierung Antidepressiva oder Speed oder Sedativa verabreicht, pauschalisierte stationäre Aufenthalte in psychiatrischen Anstalten zuordnet, unter grossem Aufwand meine Resozialisierung (das eigentliche Ziel) in Angriff nimmt und meinem Käfig einen neuen Anstrich verpasst, demonstrativ mitleidvoll händeringend über einen prozentual relevanten Anstieg der psychischen Disfunktionen (d.h. der mangelnden Konformität) der Bevölkerung, hinterrücks händereibend über einen prozentual relevanten Anstieg der Verkaufszahlen der "Krone" und der Einschaltquoten bei "Explosiv".

Ich kriege keine Luft.

Samstag, 3. November 2007

Ein Sternmärchen

Current Sound: Camille "Assise"

Wir lagen am Strand, der als breiter heller Gürtel in beiden Richtungen hinter dem Horizont verschwand, genossen die späten Sonnenstrahlen und warfen Steinchen in den Ozean. Die sanften Wellen trugen das Flüstern der Tiefe zu uns und nahmen das Schweigen der Wüste mit. Wir hatten Zeit. Sie fragte, glaubst du, es gibt da oben Wesen wie uns? Ich sah nach oben und wusste, was sie meinte. Ich sagte, ich bin mir sicher, das Weltall ist so gross, die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Leben ist erstaunlich hoch. Sehen die so aus wie wir, fragte sie. Wahrscheinlich nicht ganz, obwohl gewisse Ähnlichkeiten nicht auszuschliessen sind. Warum, fragte sie sofort. Ich sah sie an. Warum. Es gibt wohl nichts ehrlicheres, nichts echteres. Nun, holte ich aus, sehr viele Variablen spielen eine Rolle. Gravitation, die Menge der vorhandenen solaren Strahlung... Was ist Gravitation, fragte sie ernst. Die Kraft, mit der ein Körper einen anderen anzieht, sagte ich. So wie unser Planet diesen Stein anzieht. Ich zeigte nach unten, hob ein Steinchen auf und warf es ins Meer. Sie folgte konzentriert dessen Flugbahn. Je grösser die Masse, desto grösser seine Anziehungskraft. Gravitation, beendete ich. Sie nickte und sah mich wieder an. Warum ist das wichtig? Ich war bereit. Davon hängt die Form eines Lebewesens ab, die es im Verlauf der Evolution annimmt. Wieder ein ernstes Kopfnicken. Was noch? Der Anteil an Sonnenstrahlung, der durch das Magnetfeld und die Atmosphäre auf der Oberfläche ankommt. Ein bedeutender Teil davon ist nämlich ziemlich gefährlich. Hm, sagte sie und blinzelte kurz Richtung Sonne. Ausserdem ist Wasser unbedingt erforderlich. Wir sahen beide auf den Ozean hinaus. Ich kam in Fahrt. Es löst bestimmte Stoffe und schafft eine geeignete Umgebung für wichtige chemische Reaktionen. Natürlich braucht man flüssiges Wasser, daher muss auch die Temperatur halbwegs stimmen. Außerdem ist zumindest ein Mond von Vorteil, dadurch können höhere Lebewesen einen stabilen Repruduktionszyklus entwickeln. Und dann, fragte sie. Wenn alles stimmt, ist es nur noch eine Frage der Zeit. Aminosäuren fügen sich... Sie sah mich verzweifelt an. Also, relativ einfache Moleküle, die überall im Weltraum vorkommen, verbinden sich schliesslich zu immer komplexeren Ketten, sogenannten Proteinen, die wiederum die Bildung von Nukleotiden, den Bauteilen von DNA, begünstigen. Kenn´ ich, versicherte sie. Na bitte. Wenn die DNA komplex genug ist, um sich zu reproduzieren, ist der wichtigste Schritt getan. Doch dafür braucht es sehr viele Versuche. Unzählige Kombinationen entstehen und zerfallen wieder, bevor sich eine stabile Struktur bilden kann. Je nach Bedingungen eines Planeten sieht diese Struktur immer etwas anders aus, obwohl der Prozess stets den selben Gesetzen unterworfen ist. Daher wird uns ein Lebewesen von einer anderen Welt wahrscheinlich fremd und eigenartig, doch auch irgendwie vertraut vorkommen. Wir ihm natürlich auch. Vor allem deine große Nase. Sie kicherte und wich meiner Hand aus. Die hab´ ich von dir! Das stimmt, sagte ich und gestattete mir keine peinliche Pause. Sie fragte, aber wie viele Planeten gibt es? Ich stand auf und sah mich um und blickte zur Wüste. Wahrscheinlich so viele wie dieser Strand Sandkörner hat. Sie sah sich ebenfalls langsam um und mich dann etwas ungläubig an. Ich liess ihr ein paar Augenblicke Zeit und grinste. Schwimmen wir zurück? Wir sollten deine Mutter nicht länger warten lassen, sonst ist sie uns noch böse und es gibt kein Essen. Sie spielte ein besorgtes Gesicht und sagte, das können wir nicht verantworten. Dann sprang sie auf und schrie, ich bin schneller, und mit einem Satz war sie im Wasser, und die letzten grünen Strahlen der untergehenden Zweiten Sonne blitzten noch einmal auf ihren dunklen Flügelschuppen auf, und dann stiegen wir in einer steilen Spirale in die Tiefe hinab, fielen in Unterdruckzonen und nutzten Strömungen und sie führte die ganze Zeit, immer tiefer, nach Hause. Sie ist so groß geworden. Acht Monde. Wie die Zeit vergeht...

Donnerstag, 1. November 2007

1997, 147, 5:20.

Das schnellste "century" in der Geschichte des Snooker. Ronnie "The Rocket" O´Sullivan at his best.
Tja, Aberdeen war ja wohl nix für "The Rocket". Na ja, die North Ireland Trophy winkt ja auch noch. Ab Sonntag live auf Eurosport.

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Stars orbiting the Supermassive Black Hole at our Galactic Center

Current Sound: Depeche Mode "Useless" Remix, K&D Sessions

This demo shows the observed and predicted orbits of thirteen stars that were used by astronomers at the Keck/UCLA Galactic Center Group to predict the position of a huge black hole at the center of the Milky Way.




The stars and their orbits are shown in a box of length ~0.8 parsecs, or about 15 trillion miles. Specifically, the box length is 2 units, where each unit is an arcsecond distance from the black hole. The center of our galaxy is about 8000 parsecs (or 8 kiloparsecs) from Earth. And at that distance, 1 arcsecond is ~0.04 parsecs = 8000 astronomical units (AU).

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Mittwoch, 31. Oktober 2007

...

Wer ist es, der aus meinem Herzen spricht,
der diese Zeilen tippt, so sehr darauf erpicht,
aus jenem Chaos meines Geistes in dem Licht
der Kerze einen Reim zu machen? Bin es ich?

Kritik

Da schreibt ein Freund:"(...) kann ich nicht umhin herauszulesen :"Ihr dürft an der Hülle meiner Leere und Einsamkeit schnuppern - erkennt sie...und schleichts Eich...!" Wenn Du tatsächlich so kaputt wärest, hättest Du niemals die Enegie eine Seite wie diese ins Net zu stellen!"

Ich bin dankbar für diese liebevolle Provokation. Zeugt sie doch von einem aufmerksamen Geist, der meine Aufforderung zur Aufrichtigkeit tapfer wahrgenommen hat. Und von dem Bedürfnis, zwischen den Zeilen lesen zu wollen, was stets ehrbar ist.

Jener Freund fühlte sich auf dieser Seite etwas verloren. Es fehlte ihm quasi der Rote Faden, eine Anleitung zu dieser unkontrolliert entstehenden Lektüre. Das Wissen um einen Plan, die Sicherheit, die ebensolches vermittelt. Schlau zu werden aus dem Text würde bedeuten, schlau zu werden aus dem Lizard. Obgleich jene Erkenntnis auch dem Lizard selbst fehlt, was jedwede Planmässigkeit im Kern vereitelt.

Dennoch ist es angebracht, dies hier als eine Art Vorbereitung zu begreifen. Eine Art Testlauf. Doch wofür? Wohgemerkt entferne ich mich hier bewußt von meiner Identität. Meiner menschlichen Identität, was keineswegs den Verlust meiner Menschlichkeit bedeutet. Gleichzeitig kehre ich jedoch das hervor, was mein Innerstes ausmacht, mit Abstrichen zugunsten des Guten Geschmacks.

Vielleicht modelliere ich ja so etwas wie einen Avatar, ein Abbild meiner selbst, gemäß der Art, wie ich mich selbst zu sehen pflege, abseits jeglicher Erwartungen. Ein Abbild, dessen Identität mehr und mehr, der Mode der modernen Sprache ent-sprechend, an Authentizität gewinnt. Um was zu tun?

Vielleicht, um deine Geduld weiterhin auf die Probe zu stellen, mein lieber Inselopa, bei deiner ewigen Bemühung, zwischen den Zeilen zu lesen?

Vielleicht auch lediglich, um mir die digitale Welt zu Nutze zu machen, mir ein virtuelles Zuhause darin zu schaffen, einen Schrebergarten für meinen Geist...

Samstag, 27. Oktober 2007

Themawechsel

Wenn man sich so die letzten posts anschaut, ist ja alles so richtig Friede, Freude, Eierkuchen. "Hip, hip, hurra, alle sind glücklich, alles ist wunderbar!", um an dieser Stelle einmal mehr die Ärzte zu zitieren. Lassen wir uns mal von der freudigen Note meiner Ergüsse nicht täuschen. Und eigentlich will ich gar nicht mit Zahlen anfangen - 10Mio Flüchtlinge weltweit, Schock, schwere Not, nur sind es ja eigentlich eher so um die 175Mio, die auf der Flucht sind, vor was auch immer, auf jeden Fall 175Mio, deren Leben primär von Angst dominiert wird; oder, wem das noch zu lasch ist, wie wär´s damit:

http://www.amnesty.ch/de/kampagnen/stopviolence/zahlen-und-fakten-zu-gewalt-gegen-frauen

oder damit:

http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_wars_and_disasters_by_death_toll

Wie dem auch sei, ich will hier keinem schlechtes Gewissen einreden, aber manchmal fragt man sich echt, was unsere Zivilisation auf einem so schönen Planeten verloren hat...

Euch allen ein schönes Wochenende.

Lizard out.

Ein Stadtmärchen

Der Nebel hängt tief über Wien, schmiegt sich behutsam an die Hügel entlang des gleichnamigen Flusses. Der Blick aus dem Fenster des Raucherzimmers des Firmengebäudes ist trist und ungemütlich. In Gedanken längst auf dem Weg in die häusliche Wärme, zu Frau & Kind (PC & Goldfisch), beäugen die vier Angestellten mürrisch die nasse Kälte da draußen, hier drinnen bei einer letzten Zigarette die Zeit des Erwartens zu verkürzen hoffend, Alliierte der Arbeit im Angesicht des langersehnten Feierabends, schweigsam den blauen Dunst inhalierend.

Da setzt einer, behutsam die Asche am Rand des überfüllten Aschenbechers abstreifend, plötzlich zu einer Geschichte an, wie sie an in einem solchen Moment nicht schöner sein könnte...

Der besagten Person Nichte aus dem fernen Köln, eine Studentin Mitte zwanzig, knackt eines Tages den sprichwörtlichen Jackpot. Ihr wird die zweifelhafte Ehre zuteil, eine Woche lang auf ihren kleinen Bruder aufzupassen (außerhalb der Stadt), da ihren Eltern die Decke auf den Kopf fällt und sie zu einem kurzen Rückzug gen Süden veranlasst, zwecks Urlaub, was der Auserkorenen natürlich jene *nggnnnn*- Reaktion entlockt, aber Pflicht ist Pflicht.

Und so hängt die Studentin im elterlichen Heim herum, sittet Bruderherz (der was eh liab is) und starrt gelangweilt in die Glotze, die gerade (juhu) einen recht kitschigen Märchenfilm zum Besten gibt. Wahrscheinlichkeitsgemäß dauert es nicht lange, bis ein Junger Prinz (inklusive leuchtender Rüstung, weißem Pferd, und was sonst so noch dazu gehört) die Bühne betritt. Und jetzt kommts.

Nicht wissend, wie ihr geschieht, verknallt sich die junge Studierende bis über beide Ohren in den Recken, klebt bis hin zu den Schlußtiteln am Bildschirm und fischt sich fiebrig den Namen des Darstellers aus der viel zu schnell vorbeiziehenden Liste.

Eine kurze Google-Recherche später hat sie eine email Adresse in Bratislava, (natürlich mit zitternder Hand auf eine Serviette gekritzelt). Tief durchatmen. Die Nachricht ist alsbald abgeschickt, es kommt eine Zeit des Wartens und Bangens.

Dann, wenige qualvolle Tage später, die Antwort. Der Prinz (nennen wir ihn Martin) freue sich natürlich, obwohl leicht verwirrt, nachdem ein Freund die gemeinsame mailbox gecheckt und die Nachricht überbracht hatte ("ah ja, hätt´ ich fast vergessen, dir schreibt da so eine aus Köln...").

Es beginnt ein reger email Verkehr. Wenige Wochen später besucht sie ihn zum ersten Mal in Bratislava. Der Empfang am Bahnhof besteht aus einem 50 mal 50cm großen roten Teppich, dem Martin samt Blumen darauf und den Worten "Sorry, einen größeren gab´s nicht." Es folgen schwindelerregende Tage inklusive romantischer Nacht in einem verschneiten mittelalterlichen Schloss. Eine kleine Seitentür erweist sich "zufällig" als unverschlossen, gibt den Weg frei zu einer engen dunklen Wendeltreppe ("Gib mir deine Hand, keine Angst, ich bin ja da..."), die schließlich in Kerzenlicht, Samtvorhänge und Weintraubenschalen mündet...

Heute, knapp ein Jahr nach der Ausstrahlung des Märchenfilms, leben die beiden glücklich und zufrieden zusammen in Köln...

Die Geschichte ist beendet, die Zuhörer sichtlich angenehm verwirrt durch diese unerhörte Begebenheit. Die Zigarettenstummel verbrennen die Fingerspitzen. Plötzich erscheinen Nebel und Kälte gar nicht mehr so erdrückend. Inmitten der kleinen Runde breitet sich herzerwärmende Ruhe aus, die Gewissheit, dass das wahre Leben wohl doch noch die eine oder andere Überraschung birgt, die jeglichen künstlichen Kitsch in den Schatten zu stellen vermag...

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Die Beste Band Der Welt...

Seit 25 Jahren im Spiel und kein bisschen müde.



Was die Jungs mal wieder unter Beweis stellen...

Dienstag, 23. Oktober 2007

Midnight kensho.

Es seid Ihr, an die ich meinen Dank richte, Ihr Geschöpfe aus Hoffnung und Licht. Ausgeburt der Hölle, Succubi meiner Alpträume, bittersüsse Früchte der Leidenschaft, habt Ihr sanft und gebieterisch mein Schicksal geflochten, mich durch den Düsterwald meiner Realität begleitet.

Verführerisch und endlos war das Licht Eurer Augen, Eure Umarmung schuf einzigartige Momente der Freiheit, fern jeder Angst. Doch vernichtend war Eure Gleichgültigkeit, und Eure Blicke konnten töten. Euer Zorn war furchteinflößender als ein Cerberus, eure Waffen stets geschärft.

Nur mit Euch war ich rein, integer, ganz. Mit Euch genoss ich Schönheit wirklich, im Angesicht Eurer Schönheit zitternd wie im Rampenlicht, warm und erregt, lustvoll, stark. Die Fragen nach dem Weg und dem Warum entbehrten jeder Düsternis in Eurer Gegenwart.

Ein einziges Lächeln erstickte jegliches Argumentationsbedürfnis. Der Weg war sonnig und klar wie ein Wintermorgen, und das Warum schrumpfte zu dem kleinen Muttermal zusammen, dessen die gesamten Erdölvorkommen des Planeten nicht wert waren. Ihr seid, also bin auch ich.

Regen...

Dieser Regen macht mich wahnsinnig. Dabei mag ich Regen für gewöhnlich. Doch dieses Mal trifft er irgendeinen Nerv. Sogar die Vögel sind verstummt, scheinen übersättigt vom Wasser, dessen sie sich anfangs so frohlockend erfreuten. Jetzt schütteln sie sich nur noch ärgerlich, angewidert von der ständigen, alles durchdringenden Feuchtigkeit, und weigern sich, zu singen.
Das viele Wasser stimmt mich depressiv, obwohl es ja eigentlich Reinigung verspricht. Längst sind alle Zigarettenstummel in Gullys gespült, ist auch der hartnäckigste Hundehaufen im Park von Millionen von Tropfen zersetzt worden. Die schiefen Dächer scheinen poliert, wie auch der Asphalt, in dem sich die tief hängenden Wolken spiegeln; das Grün und Gelb und Rot der Bäume satt und schwer, in permanentem, zitterndem Tanz...

Ein Rauschen im Wald.
Alles kommt hier zusammen -
Bäume und Regen.

Kein Wald zwar weit und breit, aber die Stadt gleicht jetzt mehr denn je einem Dschungel. Dennoch die Trauer meinerseits, eine gewisse Sentimentalität, wie eine Decke um meine Schultern gelegt. Die ständige Bewegung in der Luft, das endlose Plätschern und Tröpfeln um mich herum schafft einen Rhythmus, dem ich nicht widerstehen kann. Etwas in mir pendelt sich ein auf diesen Regen, resoniert mit seiner vor Vergänglichkeit strotzenden Melodie, lässt mich ihre Bewegung fühlen, zwingt sie mir auf, macht sie zu meiner eigenen.

Bei Sonnenschein gerät der Kummer dieser Welt für gewöhnlich eher in den Hintergrund, versteckt sich in den kurzen Schatten der Fröhlichkeit. Nun hängt er in all seiner Deutlichkeit über der nassen Stadt, über meinem müden Geist. Selbst das Denken fällt schwer, Worte fliessen träge, bilden vage Strudel, erzeugen chaotische Turbulenzen, lassen keine klaren Konturen entstehen, nur verschwommene Sillhouetten, Bruchstücke von Emotionen...

Nacht.

Hey, there. Just aquired some clues about the latest fruits of cinematography...

Go, check these out...

No country for old men

Reservation road

Gone, baby, gone

Southland tales

CU soon

DrunkLizard

Montag, 22. Oktober 2007

Der Neuen Woche Anbeginn.

Current sound: Nine Inch Nails - Hurt

Current mood: pending


So feierlich wollte man es eigentlich gar nicht sagen. Dennoch schwingt etwas unerwartet Positives darin mit. Etwas Motivierendes, sei es auch nur die Gewissheit, dass der Woche Anbeginn auch latent ihr nicht allzu fernes Ende suggeriert. Doch halten wir uns nicht mit Fragen der Zukunft auf. Man weiß ja nie. Zeitreisende sind wir alle, irgendetwas Unerwartetes hat der Prozess für uns gewiss in petto. Schließlich leben wir in interessanten Zeiten...

Na dann, voran, dem Tag entgegen!

Mann, Mann, da lässt der Lizard ja kräftig den Optimisten heraushängen...

Anders als Trent hier, oder auch Johnny, Gott hab ihn selig...

Sonntag, 21. Oktober 2007

Mission accomplished.

Blickfang 2007

Zwei Stunden durch die Menge schwimmen, teilweise hübsche Lichter und Interieurobjekte sowie unwahrscheinlich häßliche Kleidung begutachten, den aus den Boxen strömenden endlos-loop des Amelie-Soundtracks zur Ohrwurm-Gefahr ansteigen spürend. Jetzt mal ehrlich, gibt es denn keinerlei Innovationsbedürfnis in Sachen Mode?? Dabei würde ich mich ja nun nicht gerade als Koriphäe auf dem Gebiet bezeichnen. Wenn jedoch die rechte Hand mit der Kamera sich nicht ein einziges Mal hebt, obwohl das Auge wachsam ist, weil einfach so rein gar nichts eines zweiten Blickes wert erscheint (und das bei 1GB Platz), gibt das schon zu denken.

Wie dem auch sei, hier ein paar visuelle Eindrücke.

My pesonal favorite: Der Barcube














Im Großen und Ganzen die €8,- nicht wirklich wert, es sei denn, man hat weitere 500 in der Tasche...

Sonntag...

Der Morgen ist angeblich des Abends weiser. Daher auch kein Trip mehr zum "Blickfang" gestern. Ausreden, Ausreden... Die Wärme des (wenn auch zu schmalen) Betts, zu zweit noch bekömmlicher, erwies sich mächtiger als der Drang nach Neuem und Unbekanntem. Aber der Lizard ist halt eben doch ein Höhlentier.

Doch halt! Nicht länger vermag der Lizard das Raunen der Enttäuschung zu ertragen. Mutig schreiten wir zur Tat, durch Tee und die mystische Kraft der mächtigen Marla gestärkt.

Demnach Bericht auf heutigen Abend verschoben. Bis also dann.

Samstag, 20. Oktober 2007

Picknick am Wegesrand


Current Mood: Puzzled

Na da schau her, der Lizard bloggt. Ein ehrlicher und unerwarteter Akt von Freiheitsanspruch seinerseits, was erfreulich ist, da stets sehr skeptisch gegenüber jener Möglichkeit per se der Lizard erscheint. Doch warte, warte, laß ihn seine Gedanken erst einmal ordnen, auf dass das Chaos all dessen, das in ihm gart und brodelt (blödelt), uns nicht als unübersichtlicher Mahlstrom ereilt, bar jeglicher Chance auf Nachvollziehbarkeit auch durch geduldigen Leser. Hier zu verweilen heißt, Geduld haben mit dem Lizard, der sich in Aufgeschlossenheit übt. Geduld mit sich selbst zu haben.

Na dann, fühlt euch wie zu Hause, hier ist noch Platz auf meinem Handtuch, greift zu und spart nicht mit Kritik, hab ich alles selbst gebacken...

To Do: Blickfang in wenigen Stunden, zum vierten Mal im MAK, zum ersten für den Lizard. Bericht folgt in Kürze.